Kurt Tschofen – lieber anonym
Waffen-Oschatz, Inhaber Kurt Tschofen. In Zusammenhang mit dem klangvollen Namen aus der deutschen Pioniergeschichte des Pistolentunings kennt man Kurt Tschofen landläufig besser als unter seinem eigenen Namen. Aber wenn dieser fällt, hat er einen guten Klang. Bei Insidern hat sich zwar längst herum gesprochen, wer hinter mehr oder minder erfolgreichen Projekten großer Firmen steckt(e), auch wenn ‚offiziell‘ davon nichts bekannt wird.
Da man allseits mit dieser Situation zufrieden zu sein scheint, wird das hier auch keine ‚Enthüllungsstory‘. Ein paar Dinge gilt es aber schon ins rechte Licht zu rücken. Pistolen aus seiner Hand wurden schon mehrfach im DWJ vorgestellt, immer mit Prädikat. Der Mann kann was.
Kurt Tschofen, 44, gebürtiger Vorarlberger und Absolvent der Ferlacher Büchsenmacherschule, lebte und arbeitete bis zur Meisterprüfung 1984 in Ferlach/Kärnten. Danach siedelte er nach Deutschland über und leitete etwa zwei Jahre lang die Werkstatt von Waffen-Frankonia in Stuttgart, bevor er 1987 zu Waffen-Oschatz im Stuttgarter Vorort Hedelfingen wechselte.
Vier Jahre später übernahm Kurt Tschofen das Geschäft des Tuningpioniers der ersten Stunde, Fritz Oschatz, der seinen Schwiegersohn in spe damals in die aufstrebende Combat- und Tuningszene um Siegfried F. Hübner einführte. Mit 84 Jahren genießt der Altmeister heute seinen Ruhestand.
Die Homepage enthält Hinweise auf die ersten Tuningobjekte; damit kann man längst nichts mehr werden und so hat Tschofen beizeiten seine eigenen Ideen umgesetzt. Mit seiner Lebensgefährtin Bärbel Oschatz führt er heute das Geschäft in der Rohrackerstr. 6.
In der Werkstatt arbeitet Tschofen, von gelegentlichen Aushilfen abgesehen, allein – eher leise, wie gesagt und immer noch etwas ‚verdeckt‘. Zudem ist er ziemlich autark. Brünieren und Hartverchromen nimmt er selbst in einem kleinen Betrieb vor, wo man ihm einen eigenen Platz eingeräumt hat. Auch für die mitunter einfach ignorierte Vergütung von Lothar Walther-Läufen hat er das ‚richtige Verfahren‘ gefunden – mehr wird nicht verraten.
Eigentlich macht Kurt Tschofen auf dem Faustfeuerwaffensektor alles, aber im Lauf der Zeit haben sich Schwerpunkte herausgebildet. Die Fertigung von PPC-Revolvern die er auch für Kettner und AKAH vornahm, als mit dem neuen englischen Waffengesetz der Nachschub an Wilson Revolvern stagnierte, hat er aufgegeben und sich ganz auf Pistolen verlegt.
Für Carl Walther hat Kurt Tschofen Anfang der 1990er-Jahre die P88 Sport entwickelt, in die auch die Firma Wischo eingebunden war. Zwei Versionen waren vorgesehen, Hickhack gab es um die längeren Läufe und auch aus dem angedachten Stahlgriffstück ist nichts geworden, sodass das Projekt letztlich nur eine recht kurze Episode war.
Mitte der 1990er-Jahre plagte er sich mit der ‚Sportifizierung‘ der Glock-Pistole für Dynamit Nobel ab (vgl. DWJ 3/1995), obwohl eigentlich niemand so recht verstand, wieso man dieser hervorragenden Dienstpistole unbedingt eine sportliche Karriere aufzwingen sollte. Für Hämmerli baute Tschofen jahrelang die Sportversion der P210 auf (vgl. DWJ 11/1996) und für Wischo die lange S&W Target Champion (vgl. DWJ 9/2001), bevor ihm das Performance Center den Ast absägte. Die zeitlose P210 ist aber, obwohl die Fertigung ausläuft, auch heute noch ein Schwerpunkt seiner Arbeit; das hier gezeigte Exemplar wurde speziell für einen Kunden zurechtgemacht und liegt sowohl im Tuningumfang als auch beim Preis am obersten Ende.
Dabei wird konsequent zwischen optischem und technischem Tuning unterschieden: Das eine hat ästhetische, das andere praktische Verbesserungen zum Ziel. Priorität aber genießen die ‚Brünner‘ CZ-Pistolen, insbesondere deren Umbau zur ‚Longslide‘ mit dem Wandel zur Vollblut-Sportpistole. Der Vertrieb erfolgt hauptsächlich über Frankonia. Über die hochpräzise CZ 97 Sport im Kaliber .45 ACP wurde bereits ausführlich berichtet, die CZ 75 Sport II in 9mm Luger lag hier endlich zum Kurztest vor und die Kleinkaliberversion III wird als neueste Version gerade aufgelegt.
(Quelle DWJ 1/2007, S. 27-29)